Kulturgestein mit Eigensinn

Seit 1890 und in die Zukunft

1890/96

Wasser marsch! Die Stadtwerke Dortmund-Hörde errichten in den Ruhrwiesen ihre Pumpstation (heutige Hallen 2 und 3). Südlich zur Ruhr hin entstehen zwei Bassins, in denen Wasser gesammelt und durch Kiesfiltration gereinigt wird. Das Trinkwasser wird Richtung Norden ins östliche Ruhrgebiete gepumpt und sichert dort die Versorgung. 1896 wird die Pumpstation um ein Gebäude erweitert (heute Halle 1).

1920

Weltweit einzig: „Rohrmeisterei!“. Ruhrauf- und abwärts werden in den Folgejahren Pumpstationen in Westhofen und Hengsen in Betrieb genommen; das Pumpwerk in Schwerte wird nicht mehr benötigt. Seither wird von hier aus das Dortmunder Rohrnetzsystem instandgehalten. Abgeleitet von ihrer neuen Funktion nennen die Einheimischen die Pumpstation seither „Rohrmeisterei“. Eine einzigartige Wortschöpfung und heute wertvolles Alleinstellungsmerkmal.

1930er - 1950er

Im Wandel der Zeit. Das Gebäude erfährt zahlreiche Umnutzungen. Es fungiert in der NS-Zeit als Reithalle der SS, später als Garage bzw. Unterstand für Fahrzeuge, Maschinen und Gerätschaften und dient zur Lagerung von Grünabfällen. In vielen Wintern entsteht auf den ehemaligen Wasserbecken eine Eislauffläche. Diese alternative Nutzung endet, als die Bassins in den 1940er und 50er Jahren nach und nach verfüllt und schließlich ganz zugeschüttet werden.

1976

Schwerte übernimmt – das Gebäude fällt brach. Die Stadt Schwerte übernimmt die Rohrmeisterei. In den 80er und 90er Jahren werden verschiedene Nutzungsideen und -konzepte verfolgt, die an Finanzmitteln, fehlenden Mehrheiten oder Skepsis der Öffentlichkeit scheitern – die Halle steht meist leer und verfällt. Das Objekt wird an einen Investor veräußert, wieder zurückgekauft und 1990 unter Denkmalschutz gestellt. Ende der 90er bewahrt sie eine Bürgerinitiative vor dem Abriss; das Vorhaben einer Neubebauung des grünen Ruhrtals kann verhindert werden.

1999

Erstmal rein. Kunstverein und Theaterverein 5,4 mieten die Rohrmeisterei – unterstützt vom Bür-germeister, begleitet von Wohlwollen der Öffentlichkeit und Skepsis der Politik. Ziel ist die schrittweise Umwandlung des maroden Industriedenkmals in einen Kultur- und Begegnungsort – ohne Kosten für die Kommune. Nach der Devise „Erst mal rein, Strukturen kommen später“ finden von Beginn an Konzerte, Theater, Ausstellungen und Kulinarikevents statt. Ruinencharme und Improvisation wecken Interesse und begeistern.

2001

Geburtsstunde der Bürgerstiftung. Aus dieser Initiative gründet sich die Bürgerstiftung Rohrmeisterei, der die Stadt Gebäude und Gelände in Erbbaurecht überträgt. Parallel entwickelt ein ehrenamtliches Architektenteam das Umbaukonzept. Die NRW-Städtebauförderung unterstützt den Umbau im Rahmen des Programms „Initiative ergreifen“. Den Eigenanteil von 1,3 Mio EUR stemmt die Bürgerstiftung aus Spenden und Eigenleistungen.

2003

Haus für alle. Im Juni 2003 eröffnet die „neue“ Rohrmeisterei. Auf drei Hallen verteilen sich Gastronomie, Foyer für kleine Formate nebst Tagungsräumen, der große Saal mit Bühne und Profi-Technik. Ab Tag 1 bis heute: subventionsfreier Betrieb, kostendeckend und aus eigener Kraft.

2007

Schwerpunkt Jugendkultur. Die Bürgerstiftung erwirbt das Nachbargrundstück mit 5,4-Theaterhalle. Nach der Renovierung heißt sie „Halle 4“ und gibt Raum für das „Theater am Fluss“ – Schwertes freie Theaterbühne. Sie wird als Studiotheater und für Proben von ca. 15 Gruppen aus dem Bereich Jugend, Kultur, Frauenarbeit und Integration genutzt.

2010

Zwischen Stadt und Fluss. Pünktlich zum Kulturhauptstadtjahr eröffnet der Landschaftspark Rohrmeisterei Plateau. Wo bislang Müll und Wildwuchs Weg und Sicht zur Ruhr versperrten, entstehen eine Außenterrasse, eine robuste Veranstaltungsfläche, an die ein Biotop sowie ein Skulpturengarten anschließen. Vier in die Ruhrauen ragende Balkone verbinden augenfällig Rohrmeisterei und Ruhr.

2010er

Kultur und Genuss. Seit 2015 entstehen die moderne Goldküche als Kubusbau an der Südseite des Hauses und in der bisherigen Küche das neue Genuss Kabinett mit Studio und Séparée für Meetings und Menüs im kleinen Kreis. Beste Sicht auf die Bühne in Halle 3 bietet bis zu 200 Gästen eine über 20 m frei gespannte Empore – Basis für neue Angebote, mehr Gäste und Eventkomfort.

2020

Doppelt hält besser. Als Konsequenz aus den Jahren des Wachstums und den Risiken der Corona-Krise wird der Restaurant- und Bankettbetrieb in eine separate GmbH ausgelagert. Als Mieterin der Bürgerstiftung entlastet sie diese von Risiko und sichert den Betrieb. Die Stiftung entwickelt ihre Schwerpunkte Kultur und Begegnung sowie Erhalt des Denkmals weiter.