BÜRGERSTIFTUNG
ROHRMEISTEREI SCHWERTE
Die Rohrmeisterei in Schwerte ist seit dem Jahr 2000 ein Ort besonderer gesellschaftlich-gemeinnütziger Innovation in Nordrhein-Westfalen.
Das Kulturzentrum in dem Industriedenkmal wird ohne öffentliche Zuschüsse betrieben und ist damit ein besonderes Beispiel für bürgerschaftliches Engagement. Die damaligen Initiatoren und befreundete Partnereinrichtungen und Privatpersonen aus der Stadtgesellschaft haben 2001 aus ehrenamtlichem Einsatz heraus die Bürgerstiftung Rohrmeisterei gegründet und entwickeln das Projekt bis heute.
In der Satzung der Bürgerstiftung sind ihre gemeinnützigen Zwecke aufgeführt, die seitdem ihre Arbeit prägen:
- Erhalt, Sanierung, Betrieb der historischen Pumpstation Rohrmeisterei (Denkmalschutz und -pflege)
- Errichtung und Betrieb des Landschaftsparks an der Ruhr (Naturschutz, Heimatpflege)
- Durchführung bzw. Unterstützung von kulturellen Veranstaltungen und Projekten (Kultur)
- Bereitstellung von Atelierräumen und Errichtung eines Skulpturenparks (Kunst)
- Veranstaltungen und Kooperationsprojekte mit Schwerter Vereinen und Gruppen (Heimatpflege, traditionelles Brauchtum)
- Projekte der Jugendarbeit (Jugendhilfe)
- Integration und Qualifizierung von Auszubildenden, insbesondere Geflüchteten (Jugendhilfe, Erziehung und Berufsbildung, Wohlfahrtspflege).
Die Verwirklichung dieser Satzungszwecke und ihre integrale Verbindung „aus einem Guss“ haben die Rohrmeisterei zu einem besonderen Ort mit Modellcharakter gemacht, der seine überregionale Strahlkraft gerade daraus bezieht, dass die verschiedenen Bausteine im Zusammenhang gedacht und gemacht werden.
Die Bürgerstiftung ist hervorgegangen aus einer mutigen, ehrenamtlichen Initiative, die in den Jahren 1999-2003 das verfallene Gebäude mit Kultur bespielt hat. Schon in der Ruine und späteren Baustelle fanden Kunstausstellungen, Tanztheater-Performances, Jugendmusicals, Literaturlesungen u.v.m. statt. Dies war die Initialzündung, um die Rohrmeisterei zum Kulturzentrum zu entwickeln – ohne finanzielle Belastungen für die Kommune.
Wegen dieses Engagements, wegen der kulturellen Ziele und des Erhalts des Denkmals wurde das Projekt in dieser Anfangsphase vom Land NRW aus dem Programm „Initiative ergreifen“ im Rahmen der Städtebauförderung unterstützt und wird vom Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung bis heute als Modellprojekt geführt – in Publikationen, bei Besichtigungen und in der Vorbildfunktion für vergleichbare Projekte. Die Stadt Schwerte hat das Erbbaurecht an Gebäude und Grundstück an die Stiftung übertragen. Die Zweckbindung der Landesförderung (Überprüfung durch Bezirksregierung) und der Erbbauvertrag mit der Stadt (Vorlage regelmäßiger Berichte) geben die kulturelle Nutzung vor.
Im Mittelpunkt der Bürgerstiftung Rohrmeisterei steht Kultur.
Erstens mit eigenen und von ihr selbst durchgeführten kulturellen Veranstaltungen und Projekten. Zweitens durch Kooperationen mit Partnern, für die die Bürgerstiftung Ressourcen, Finanzen und Räume für kulturelle und gemeinnützige Veranstaltungen bereitstellt. Und drittens durch entgeltliche Vermietung der Räume an kulturelle Veranstalter.
Profilbildende inhaltliche Schwerpunkte sind
Literaturprojekte für Kinder und Jugendliche
Lesungen, Festival Mord am Hellweg, KinderliteraturProjekt Ruhrstadtkinder,
Kinderliteraturworkshops mit Schwerter Schulen
Theater von und für Jugendliche
Theater am Fluss, Musical-Projekte (z.B. „Die Kleine Mundharmonika“),
Kindertheaterfestival 2019
Musik
Klassische Konzerte, Unplugged-Reihe, Band-Festivals, u.v.m.
Kunst
Skulpturen weltweit renommierter Künstler im Landschaftspark Rohrmeisterei-Plateau.
Die Bürgerstiftung sieht sich damit in erster Linie als eine Einrichtung, die durch geeignete Räumlichkeiten, Strukturen und finanzielle Unterstützung Kunst und Kultur verwirklicht, ermöglicht bzw. eine Plattform hierfür bietet.
Zudem stellt die Bürgerstiftung auf ihrem Grundstück weiteren gemeinnützigen Einrichtungen Räume zur Verfügung:
- dem Atelier Javana für Ausstellungen und Konzerte (ca. 50 Termine jährlich)
- dem gemeinnützigen Theater am Fluss e.V. für Proben und Aufführungen seiner Inszenierungen (ca. 80 Termine jährlich)
- der Interkulturellen Mutter-Kind-Gruppe für ihre regelmäßige Gruppenarbeit
- und dem türkischen Elternverein für seine regelmäßige Jugendarbeit.
Ebenso die überregional bekannten städtisch organisierten „Schwerter Kleinkunstwochen“ mit der jährlichen Verleihung des Kleinkunstpreises und das bundesweit bekannte „Welttheater der Straße“ sind ohne die Rohrmeisterei nicht denkbar. Auch das Europäische Theaterprojekt Caravan Next in Schwerte / Witten findet in Rechtsträgerschaft der Bürgerstiftung statt. Diese Projekte haben in der Außenwirkung ein eigenes Profil und sind gleichzeitig wesentlicher Bestandteil der Bürgerstiftung.
All dies bildet gemeinsam ein kulturelles Programm für Schwerte und die Region, das stetig wächst, immer vielfältiger wird und ohne kommunale Zuschüsse auskommen muss.
Die Rohrmeisterei entwickelt sich stetig weiter.
Die Initiative der Bürgerstiftung hat das Denkmal Rohrmeisterei erhalten und seinen Abriss verhindert sowie in der Folge ein Nutzungskonzept entwickelt und umgesetzt, das den Erhalt des Gebäudes ermöglicht. Beim Umbau wurde ein erheblicher Mehraufwand geschultert, um nicht nur denkmalgerecht, sondern gezielt denkmalbewusst vorzugehen. Dies schlägt sich bis heute in einem erhöhten Aufwand für Reinigung, Energie, Instandhaltung nieder. Auch der zum Kulturhauptstadt-Jahr „Ruhr 2010“ eingerichtete Landschaftspark, der kulturell-künstlerischen Zwecken, der Denkmalpflege und dem Naturschutz dient, verursacht laufende Kosten. (Über eine sachgerechte Darstellung dieses „Betriebs zum Erhalt des Denkmals“ ist nachzudenken.)
Die Rohrmeisterei ist ein Beispiel für die Weiterentwicklung eines ehrenamtlichen Initiativen-Ansatzes in eine nachhaltige, auch professionelle Struktur. Die wachsende Vielzahl der Partner und die Vielfalt der Veranstaltungsformate, die Ideen und Anforderungen der in den Projekten meist ehrenamtlich Engagierten sowie neue gesellschaftliche Herausforderungen sorgen dafür, dass diese Struktur nicht starr wird, sondern aus diesem Engagement immer wieder ihre Lebendigkeit und Zukunftsfähigkeit bezieht und behält.
Das bürgerschaftliche Engagement im erweiterten Sinne zeigt sich insbesondere an pro bono Leistungen (z.B. Planerleistungen beim Umbau), Sachspenden (z.B. technische Ausstattung), Mitfinanzierungen (z.B. für das Genuss Kabinett) sowie auch in der hochkarätigen Besetzung der ehrenamtlichen Gremien. Die Bürgerstiftung hat zudem für die Stadt Schwerte die Trägerschaft in dem bundesweiten Modell-Projekt „Engagierte Stadt“ übernommen, in dessen Rahmen neue Formen der Ehrenamtsförderung und der Bürgerbeteiligung erprobt werden.
Stetig neue Projekte und Formate erfordern immer wieder neue Ideen und Strukturen für den rechtlichen und finanziellen Rahmen. Die Historie des Projekts und seine Ausprägung in der Gegenwart bilden ein besonderes, innovativ-gemeinnütziges Konstrukt, das weder der öffentlichen Hand noch der Privatwirtschaft zuzuordnen ist.
Die Gastronomie ist die Einnahmequelle für gemeinnützige Projekte.
Zur weiteren finanziellen Unterstützung all dieser Tätigkeiten dient die angebundene Gastronomie als Einnahmequelle. Nur damit gelingt der Betrieb ohne laufende Subventionen aus Steuergeldern. Die Gastronomie wurde bewusst nicht verpachtet oder fremdvergeben, um die Vorteile und Überschüsse, die hier erzielt werden, in vollem Umfang für die kulturellen Zwecke und den Erhalt des Denkmals einsetzen zu können. Nach einer Anlaufphase werden hier seit Jahren nachhaltig positive Ergebnisse erwirtschaftet.
Ihre Platzierung im ersten Hallenbereich ist durch die historische Gebäudestruktur vorgegeben – und damit auch ihre Größe. Zum „Nutzen der Gastronomie für Kultur“ gehören übrigens auch der Einsatz des Gastro-Personals bei Kulturveranstaltungen, die Übernahme von Ticketverkauf etc. in der Gastronomie, die Abstimmung der Öffnungszeiten und die Durchführung von kombinierten Kultur- und Gastronomie-Veranstaltungen. Sie umfasst auch Catering, Tastings, Sterne-Menus usw. Die Gastronomie der Rohrmeisterei ist in ihrer jetzigen Form nur in diesem Gebäude und nur in Verbindung mit Kultur denkbar. Die besondere, qualitätsvolle Architektur und der gesellschaftliche Stellenwert, den die Rohrmeisterei als Ganzes in Stadt und Region einnimmt, bringen es mit sich, dass auch die a-la-carte-Gastronomie mit ihrem Restaurant im ersten Hallenbereich Teil der Strahlkraft der Rohrmeisterei ist.
Vielfalt und Volumen der gemeinnützigen Projekte der Rohrmeisterei sind in den vergangenen Jahren stark gewachsen. Möglich wurde dies, weil die Gastronomie gewachsen ist. Denn ihre Überschüsse ermöglichen erst das gemeinnützige Engagement. Sie ist daher nicht losgelöst von den gemeinnützigen Zwecken zu sehen, sondern sie ist notwendige Bedingung für die Kulturförderung und die Förderung der weiteren, in der Satzung verankerten gemeinnützigen Zwecke. Erst ihre Prosperität, ihre Strahlkraft und ihr Wachstum ermöglichen auch zukünftig die Verwirklichung der gemeinnützigen Zwecke.
Die Gastronomie wird mit gemeinnützigen Zwecken verbunden.
Ziel des Kuratoriums und des Vorstands der Bürgerstiftung war und ist es auch zukünftig, die gemeinnützigen Zwecke und deren Verwirklichung ebenso mit dem Betrieb der Gastronomie zu verbinden.
Basierend auf der Erfahrung, dass häufig junge Menschen mit sozialen oder persönlichen Defiziten Interesse an der Ausbildung in gastronomischen Berufen zeigen und diese dann eine enge pädagogische Begleitung benötigen, wird seit 2009 in einem Teil der Gastronomie ein Qualifizierungs- und berufliches Integrationsprogramm für junge Menschen mit Vermittlungshemmnissen in den ersten Arbeitsmarkt durchgeführt. Die Teilnehmer werden ausgebildet bzw. weiter qualifiziert, bisher in den Bereichen Küche, Service und Haustechnik – hierbei dienen die Bankettveranstaltungen als Betätigungsfeld.
Besondere Außenwirkung hat das Flüchtlingsprojekt erzielt, das seit Anfang 2016 läuft. Als eine der ersten Einrichtungen nicht nur in Schwerte, sondern in der Region Unna-Hamm hat die Rohrmeisterei ein Konzept für die berufliche Integration von Flüchtlingen durch Ausbildung im Gastgewerbe entwickelt, das seitdem weiterentwickelt wurde und bis heute läuft. 12 Teilnehmer haben an Einstiegsqualifizierungen teilgenommen, vier wurden in ein Ausbildungsverhältnis übernommen. Neben der fachlichen Ausbildung und der sozialpädagogischen Begleitung wurden betriebliche Sprachkurse und Nachhilfeunterricht organisiert.
Die Angebote dieses Zweckbetriebs richten sich darüber hinaus gezielt auch an Personen, die nicht bereits Teilnehmer von öffentlichen Beschäftigungsförderstrukturen sind, sondern trotz ihrer persönlichen Defizite in authentischen betrieblichen Strukturen qualifiziert werden wollen und sollen.
Zukünftig soll dieser Bereich weiter profiliert werden:
Eine Konzentration auf den Bereich „Küche / Produktion von Buffets“ böte den Vorteil, dass diese eher handwerklichen und standardisierten Abläufe für einen Qualifizierungseinstieg gut geeignet sind.
Sämtliche Teilnehmer sollen durch eine formalisierte Bestätigung einer externen Behörde, möglichst der Bundesagentur für Arbeit, dokumentiert werden.
Die Maßnahmen sollen von vornherein befristet und überprüft werden und mit Begründung verlängerbar sein.
Die Bürgerstiftung Rohrmeisterei kann damit auch zukünftig ohne öffentliche Zuschüsse ihren anspruchsvollen Ansatz der miteinander vernetzten gemeinnützigen Ziele verwirklichen – Kultur und Kunst, Denkmalpflege und Heimatengagement, Jugendarbeit und Berufsqualifizierung.